Sie sind ja zur Zeit überaus beliebt, die Kakteen und andere Sukkulenten. In jedem Baumarkt, jedem Gartencenter bekommt man diese wunderbaren Überlebenskünstler geradezu hinterhergeschmissen und sie erfreuen sich einer regen Nachfrage. Der Hype ist sogar so groß, dass man auch allerlei Wohnaccessoires im Kaktuslook erhält: Vasen, Töpfchen, Kerzen, Kugelschreiber, Bilder, Handtücher, Kaktuskissen, und und und…
Damit, so meine ich, kann man auch einen wahren Kaktusfreund erfreuen. Mein Lebensgefährte Heinz ist so einer. Er ist Kakteenexperte und nennt mehrere hundert Exemplare sein eigen. Und ein Kissen, am besten zum Selberfüllen, könnte auch er gut gebrauchen – im Kaktuslook wäre das natürlich noch ein zusätzlicher Gag. Und überaus passend zum bevorstehenden Geburtstag!
Ideensammlung für eine Kaktuskissenhülle
Doch kaufen kommt in diesem Falle nicht in Frage, denn Heinz hat ein kleines, mit Zirbenholzspänen gefülltes Kissen in Gebrauch, das einer Erneuerung bedürfte, doch von den Maßen her keinem handelsüblichen Kissenüberzugsmaß entspricht. Das bedeutet: selbst einen Überzug schneidern. Den kann man gestalten, wie man will und persönlicher ist das Geschenk dann auch noch!
Also denke ich nach: Heinz liebt Säulenkakteen, was schon mal die Form einer Nackenrolle nahelegt. Die bekannteste Gattung von in Säulenform wachsenden Kakteen ist Cereus, gekennzeichnet durch mehr oder weniger dicht stehende Rippen, Bedornung in unterschiedlichsten Farben und Formen, hübschen Blüten und/oder einem markanten Cephalium, also einer Blütenstandszone, die besonders behaart und gefärbt ist. Ein weites Feld, sich kreativ in Sachen Kaktuskissen auszutoben!
Heinzycereus melanacanthus var. odoratus wird geboren
Ein Blick in meine Stofftruhe zeigt, dass ich noch wunderbar hellgrünen Baumwollstoff in ausreichender Menge vorrätig habe. Hellgrün ist zwar keine kakteentypische Farbe, passt aber dafür hervorragend zu Heinz‘ Ledercouch. Stopfwolle in verschiedenen Farben, Strickwolle in Rost- und Rottönen zur Nachbildung eines Cephaliums ist ebenso vorhanden und auch an Krepppapier und Draht für Blüten herrscht kein Mangel. Also kanns losgehen.
Zunächst schneide ich ein Stück von der 1,50 m breiten Stoffbahn, lang genug, um später, den Saum eingerechnet, das Zirbenholzkissen zu beherbergen.
Die Stoffbahn wird in der Mitte gefaltet, auf beiden Seiten sauber gesäumt, das Ende lasse ich zunächst offen, da ich noch nicht genau weiß, ob ich die ganze Breite für die Kissenhülle brauche, oder doch noch um ein Stück kürzen kann. Dann hätte ich jetzt umsonst gesäumt.
Im zweiten Schritt zeichne ich mir an, in welchen Abständen ich die Rippen nähen möchte – 3 bis 3,5 Zentimeter erscheint mir ein guter Abstand zu sein. Dann wird das Bügeleisen angeheizt, der Stoff glattgebügelt und die ersten zwei Rippen nähfertig vorgeplättet. Ich nähe möglichst nahe an der ersten Bügelkante entlang, drehe den Stoff und nähe die zweite Kante ab. So geht das immer weiter, im Zickzack, bis genügend gerippte Kaktushülle entstanden ist.
Aufbringen der Bedornung
Ich achte darauf, mit einer Rippe aufzuhören, die in einer logischen Folge mit der ersten zu schließen ist (hoch-tief, tief-hoch), schneide den Stoff ab, säume das offene Ende und schließe den Stoff zu einer Rolle. Nachdem ich ihn einmal mit den zwei benötigten Zirbenholzkissen gefüllt und diese wieder entfernt habe, beginne ich mit der Bedornung. Ich habe mich entschlossen, die Areolen (das Areal, aus dem die Dornen hervorwachsen) versetzt auf den Rippen zu platzieren und mit jeweils 6 Dornen zu versehen.
Natürlich sticke ich die einzelnen bedornten Areolen nicht mit separaten Fäden – das würde zu viel Vernäharbeit nötig machen -, sondern versuche, pro Rippe nur einen einzigen Faden zu verwenden. Um die Stachelbüschel dennoch optisch unabhängig voneinander aufzubringen, führe ich den Faden nach der Fertigstellung eines Dornenstrahls durch den schmal abgenähten Tunnel der jeweiligen Rippe, beginne mit einer neuen Areole und setze ringsum Stacheln daran. So geht das Ganze viel schneller vonstatten, als müsste jedes Büschel einzeln vernäht werden.
Abschließende Arbeiten
Um die Nackenrolle zubinden zu können, benötige ich nun noch schmale Bändchen, die ich aus dem selben Stoff wie den Überzug nähe – und lange genug mache, um später eine Schleife binden zu können. Eine Schleife, die ich mit einem abschließenden Knoten fixieren kann. Damit diese nicht vom Überzug rutschen kann, fertige ich auch noch eine kleine Schlaufe an, befestige diese am Überzug und führe das jeweilige Verschlussbändchen hindurch.
Präsentation des Kaktuskissenbezugs in einer Geschenkversion
Nun kann man natürlich den Kaktuskissenbezug mit der geplanten Füllung bestücken, zubinden und verwenden, oder,- wie in meinem Falle – verschenken. Doch für die Geschenkversion ist optisch noch ein wenig mehr herauszuholen: man mache das Kaktuskissen zu einem „echten“ Kaktus, setze ihn zu diesem Behufe in einen Topf und verziere ihn mit dem vorher erwähnten Cephalium oder schmücke ihn mit Blüten, die man schnell aus ein wenig Krepppapier und Blumendraht selbst basteln kann.
Für das Cephalium erstellt man am besten einen leicht ovalen Pompon aus rostfarbener Wolle und befestigt diesen seitlich am oberen Ende der Kaktuskissenhülle, die man zuvor von innen mit einem der Veschlussbänchen verschlossen und anschließend wieder auf rechts gedreht hat. Ich wollte jedoch lieber mit Blüten arbeiten und habe deshalb, nur um es mal zu zeigen, schnell eine Version mit einem vorhandenen, runden Pompon gebaut. Botanisch gesehenist diese Variante nicht ganz korrekt, denn hier handelt es sich eher um einen Melokaktus – und der ist in der Regel nicht säulenförmig. Dennoch hoffe ich, meine Gestaltungsidee zumindest im Ansatz verdeutlicht zu haben.
Eine zusätzliche Anforderung: die transportable Reiseversion
Ich bastle also ein paar Blüten aus gelbem und rosafarbenem Krepppapier und Blumendraht und lasse genug Draht überstehen, um die Blüten am Kopf des Kaktuskissens befestigen zu können. Da wir an Heinz‘ Geburtstag jedoch auf Reisen sind und ich dehalb keinen schweren, zerbrechlichen, unhandlichen Tontopf mitführen will, benötige ich eine leichte, platzsparende Reisevariante. Zu diesem Zweck schneide ich einen langen Streifen in Topfhöhe aus einem stabilen Karton und überziehe diesen mit einem farblich passenden Geschenkpapier. Diesen Streifen kann ich später mit Büroklammern zu einem Übertopf Formen.
Zudem benötige ich noch einen etwas kürzeren Kartonstreifen, der um etwa ein Viertel niedriger ist als der Topfstreifen. Auch er wird später mit Büroklammern zu einem geschlossenen Ring geformt und im Topf platziert. Darauf lege ich nun eine runde Scheibe aus braunem Karton ab, die in der Mitte ein großzügiges Loch hat. Dieses nimmt dann das zugebunden untere Ende der Kaktuskissenhülle auf – und schon steht der „Cereus“ wie eine Eins stabil und repräsentabel wie in einem Topf.
Ein weiteres Zuckerl
Nun gilt es nur noch, das Geschenk mit einem Steckschildchen zu personalisieren. Ich fertige dazu ein rechteckiges Kartonstück mit einer Spitze auf der unteren Seite, die ich dann in einen Schlitz im Abdeckring befestigen kann. Auf eine Seite schreibe ich persönliche Geburtstagswünsche, auf der anderen Seite wird der „wissenschaftliche“ Name dieses Gewächses festgehalten: Heinzycereus melanacanthus var. odoratus. Auf deutsch: Heinz‘ schwarzbedornter Säulenkaktus, der duftet. Diese Personalisierung freut jeden Beschenkten meist ganz besonders und kann natürlich, je nach Name des Geburtstagskinds, nach Farbe der aufgestickten Bedornung und der jeweiligen Füllung angepasst werden.
Benennungsbeispiele
melanacanthus = schwarzbedornt
rubracanthus = rotbedornt
flavacanthus = gelbbedornt
rostracanthus = braunbedornt
var. odoratus = duftende Unterart
var. plumosus = federgefüllte Unterart etc., etc. …
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