Was, wie, Auswilderungsprojekt? Ja! Bereits vor längerem habe ich euch eine Reihe meiner bemalten Steine vorgestellt. Simple Isarkiesel, mit Acrylfarben in Tiere verwandelt. Als ich dann mein Arbeitszimmer komplett umbaute, fanden die Steine einen Ehrenplatz in einem extra dafür gebauten Showregal. Genug der Ehre? Mitnichten!
Alle Welt spricht von KI – ich photoshoppe
KI, momentan in aller Munde – auch bei Bildbearbeitern. Man hat ein Motiv und will einen anderen Hintergrund dafür. Zum Beispiel einen Frosch, fotografiert auf Gras. Eine kurze, verbale Anweisung an Photoshop, und schon sitzt der Frosch auf einem Seerosenblatt. So einfach habe ich mir das nicht gemacht, sondern meine Tiere mit guter, alter Photoshoptechnik in ein natürliches Habitat versetzt. Ein Auswilderungsprojekt der digitalen Art, das mir viel Spaß gemacht und andere stellenweise echt verblüfft hat. Denn die ausgewilderten, mit Acrylfarben bemalten Steine sehen, zumindest auf den ersten Blick, erstaunlich echt aus.
Digitales Auswilderungsprojekt: Riedfrosch als Making of-Beispiel
Zuerst sehe ich mir den bemalten Stein bzw. die davon schon gemachten Fotos an: Perspektive und Lichteinfall sind die wichtigsten Punkte. Dann suche ich in meinem Fundus ein passendes Habitat-Bild. Es sollte zu den beiden oben genannten Faktoren passen, was meist nicht ganz hundertprozentig gelingt. Weichen die beiden maßgeblichen Punkte zu weit vom Steintierbild ab, wird neu fotografiert oder, wenn noch gar keine Bilder existieren, passend zum gewählten Hintergrund geknipst. Und ist in meinem Portfolio kein geeignetes Habitat-Bild zu finden, nutze ich zum Beispiel pixabay, eine Plattform, auf der freundliche Menschen Unmengen verschiedenster Bilder kostenlos zur Verfügung stellen.
Dann wird das Bild vom Steintier (1) sorgfältig freigestellt, d.h. der Hintergrund entfernt (2), und das Motiv in das gewählte Habitat-Foto eingepasst (3-5). Im Falle Riedfrosch brauchte das mehrere Anläufe – was übrigens öfter vorkommt. Hauptgrund hierfür ist meist, dass das Tier eingesetzt aussieht. Denn um das Steintier möglichst überzeugend auszuwildern, muss ein Bezug zum Hintergrund hergestellt werden.
Meinen ersten Himmelblauen Riedfrosch hatte ich an einem See in Madagaskar gesehen – und zwar zunächst auf einem treibholzartigen Stamm (3). So wollte ich ihn auch hier darstellen, den Bezug zum Bild versuchte ich durch den Schattenwurf auf der Rückseite des Stammes herzustellen. Doch Frosch und Stamm passten nicht zusammen, für die Bindung zum Bild war der Schatten zu unauffällig und überhaupt sah das ganze komisch aus.
Riedfrosch. Worauf hat ein Riedfrosch zu sitzen? Auf Ried! Also flugs ein Bild mit Schilf bzw. Binsen gesucht, dann Probeauswilderung Frosch (4). Sah schon besser aus! Doch diesmal fehlte die Möglichkeit, Hintergrund und Frosch zu verbinden. Diese Verbindung kann, wie im Fall des Löwen, durch paar Grashalme erzeugt werden, hinter denen das Tier steht. Ein Blatt, ein Schatten, ein schattenwerfender Umriss, wie eine Höhle, erfüllen den gleichen Zweck und sind meist relativ einfach umzusetzen. Schwieriger wird es bei Spiegelungen im Wasser oder in Wassertropfen. Hier muss auf die richtige Verzerrung, die Kräuselung des Wassers und/oder die Brechung geachtet werden. Und genau so etwas hatte ich, nach erneuter Hintergrundsuche, mit dem Riedfrosch vor.
Ich hatte nämlich das perfekte Habitat-Bild (5) gefunden: einige Schilfhalme, die sich im Wasser spiegelten und auf denen die Sonne deutliche Wasserreflexe zeichnete – ideale Voraussetzungen, um den Frosch einzubinden! Zunächst streckte ich die Wasserfläche nach unten und die Halme nach oben, um genug Platz für Frosch und Spiegelung zu schaffen (6). Dann durfte die himmelblaue Schönheit auf einem geeigneten Halm Platz nehmen. Um ihn glaubwürdig sitzen und nicht nur schweben zu lassen, operierte ich mit einem weichen Schlag- und einem schmalen, härteren Standschatten (7). Die Reflexe, die er nun mit seinem Körper verdeckte, zeichnete ich, der Körperform folgend, auf seinen Beinen und dem Rücken nach (8).
In nächsten Schritt erstellte ich eine Kopie des Frosches – für die Spiegelung im Wasser. An den Halmen kann man sehen, dass das Spiegelbild um einiges dunkler ist, als das wahre Abbild. Um eine gleichmäßige Abdunklung zu erhalten, musste ich das Spiegelbild auf eine gleichmäßige Fläche multiplizieren. Ich probierte ein wenig herum, und landete schließlich bei einer Art Militärgrün (9). Da setzte ich nun den Froschkörper drauf, multiplizierte ihn dunkel, den in meinen Augen perfekten Dunkelheitsgrad justierte ich mit Gradationskurven nach. Nun die Spiegelung ans leicht bewegte Wasser anpassen – ein wenig unscharf, mit sanfter Kräuselung, die den Wellen des Wassers folgt (10).
Abschließend noch die Reflexe des Wassers auf die Spiegelung „malen“. Die allerletzten Taten bestanden in kleinen Optimierungen: die Entfernung von einigen unschönen Macken auf den Halmen. Ein paar kleinere Blessuren durften bleiben, um das Gesamtbild nicht unnatürlich wirken zu lassen. Fertig! Der Himmelblaue Riedfrosch wohnt nun artgerecht – auf Ried …
Oft bin ich mir in solch komplizierteren Fällen – mit Spiegelungen und Lichtbrechung – nicht wirklich sicher, wie das in Wirklichkeit aussehen würde und physikalisch korrekt wäre. Dann löse ich das Ganze nach Bauchgefühl – wie zum Beispiel auch beim Feuerfrosch (Projekt-Nr. 15). Wenn das Ergebnis in meinen Augen weitestgehend glaubhaft rüberkommt und nicht komisch wirkt, bin ich meist zufrieden. Um das zu erreichen, brauche ich jedoch manchmal mehrere Versuche. Beim Feuerfrosch waren es ganze vier …
Jetzt aber endlich zum Auswilderungsprojekt!
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